Turmfalken haben ganz besondere Fähigkeiten

Inzwischen dürften auch diese Turmfalken Nestlinge flügge sein und haben das Nest verlassen. Der Turmfalke kommt nach dem Mäusebussard am zweithäufigsten vor. Der Turmfalke ist jedenfalls der Gewinner des Klimawandels, denn wenn es warm ist, gibt es viele Mäuse und diese wiederum ist die Hauptmahlzeit des 35 Zentimeter großen Falkens. Immerhin braucht er während der Aufzuchtphase seiner Jungen 1800 bis 2000 Mäuse. Um diese aufzuspüren, hat der hochintelligente Vogel eine besondere Fähigkeit. „Er kann Ultraviolett sehen“, erklärt Günther Eichler vom Landesbund für Vogelschutz. In seinem Garten brüten jedes Jahr neben vielen anderen Vogelarten auch Turmfalken. Wie hängt nun das ultraviolette Licht mit den Mäusen und den Falken zusammen? „Wenn die Mäuse ihren Bau verlassen, hinterlassen sie Kot oder Urinspuren“, erklärt Eichler. Dieses darin enthaltene Ultraviolett erkennt der Falke. Aus der Luft.

Er muss nicht wie andere Greifvögel vor dem Loch, dem Eingang des Mäusebaus in der Wiese sitzen und warten, bis eines der Nager das Haus verlässt, sondern dreht seine Kreis in der Luft. Mit seiner stattlichen Flügelspannweite von 75 Zentimeter wirkt das schon majestätisch. Anhand des Ultravioletts erkennt der Falke nun aus gut zwölf bis 20 Meter Höhe, welche der vielen Rillen im Wiesengrund aktuelle Mausspuren beinhalten. „Er stellt sich rüttelnd darüber“, sagt Eichler. Das wirkt in der Luft als würde stehen, doch die Flügel sind schwer in Aktion. Hat er die Maus entdeckt, lässt er sich fallen, streift den Boden und schwingt, die Maus fest mit den Krallen haltend, wieder in die Luft. „So hat er jedenfalls mehr Ertrag als wenn er sich vor das Mausloch stellt“, sagt Eichler. Der Turmfalke jedenfalls ist ein sehr beliebter und schöner Vogel. Vor allem die Landwirte lieben den Vogel, gerade weil er die Nager vertilgt. Immerhin besteht sein Essensplan zu 99 Prozent aus Mäusen. Und doch überleben im ersten Jahr nur 35 Prozent der Nestlinge.

Denn so sehr der Falke für die Landwirtschaft zum Vorteil ist, so sehr ist diese der größte Feind der Falken. Die Intensivierung der Landwirtschaft ist der Grund dafür. „In Mais- und Getreidefeldern kann kein Turmfalke jagen. Streuobstwiesen und Dauergrünland sind wichtige Nahrungsquellen zum Jagen. Leider wird oft auch Gift gegen die Wühl- und Feldmäuse ausgebracht. Wenn diese Maus dann gefressen wird, stirbt auch der Turmfalke“, betont Eichler. Und Dauerregen vermiest dem Turmfalken den Speiseplan. „Wenn es lange und stark regnet, ersaufen die Mäuse in ihren Gängen“, erklärt Eichler. Und der Magen des Falkens und vor allem der Nachkommen bleibt leer.

Ein Falkenpaar bleibt sich ein Leben lang treu. Als Brutplatz nutzen sie gerne Höhlungen, Mauernischen, Steinbruchlöcher, alte Nester von Krähen und Elstern oder Nistkästen. Wie der Name schon ahnen lässt, gerne hoch oben. In Eichlers Garten sind die Eulennistkästen zu 50 Prozent von Falken besetzt. Wer eine Scheune hat und dem Vogel etwas Gutes tun möchte, der sorgt für eine DIN A4 große Öffnung und bringt in der Scheune einen Holzkasten mit mindestens 50 Zentimeter mal 50 Zentimeter an. „Das nimmt er garantiert gerne an“, verspricht der Vogelexperte. Nach einem Jahr hat der Falke die Geschlechtsreife erreicht. Von April bis Mai legt das Falkenweibchen Eier. In der Regel vier bis sechs rotbraun gesprenkelte Eier, die fast vier Zentimeter groß sind. Wenn das vorletzte und letzte Ei gelegt ist, beginnt das Weibchen mit der Brut, während das Männchen Nahrung besorgt.

Nach 29 Tagen schlüpfen die ersten Turmfalkenbabys, ein Flausch- und Flaumknäuel nach dem anderen, dicht aneinander gekuschelt mit großem Schnabel. Nach weiteren 28 bis 32 Tagen verlassen die Nestlinge das Nest. „Vier Wochen nach dem Ausfliegen sind sie selbstständig“, sagt Eichler. Nun müssen die 230 Gramm leichten Weibchen und die 200 Gramm leichten Männer selbst Mäuse fangen. Der schnellste Vogel der Welt ist er nicht. Dies ist der Wanderfalke, aber immerhin dieselbe Vogelart. Wenn alles gut geht, können die Turmfalken 21 Jahre alt werden und feiern mit ihrem Partner „Porzellanhochzeit“.

Fotos: Günther Eichler

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