
Cornelia hatte es sich schon auf dem Sofa bequem gemacht, als Moritz den intelligenten Sendersucher angeschlossen und alle notwendigen Daten eingegeben hatte. Die ewige Suche nach einem anspruchsvollen oder anspruchslosen – je nach Stimmung- Fernsehprogramm hatte ein Ende. Was waren das noch für Zeiten, als das Fernsehen aus drei Programmen bestand und eins davon mit der „Drehscheibe“ um 17 Uhr begann. In den Ferien wurden dann den Schülern mit spannenden Abenteuer Serien ein wenig von der großen Langeweile genommen. An regnerischen Tagen. Cornelia schmunzelte bei den Gedanken an lang vergangene Zeiten. Irgendwann wurde das Programm ausgedehnt, Fernsehzeitschriften vereinfachten die Suche nach einem Spielfilm zu sämtlichen Genres, nach einem Krimi oder nach informativen Sendungen zu politischen und wirtschaftlichen Themen. Damals war es noch einfach, einen Fernsehabend zu gestalten. Doch dann kamen die privaten Sender. Das Angebot wurde vielfältiger, einen zur Stimmung passenden Film zu finden, schwieriger. Zurück zu den einfachen Abenden, wollten Cornelia und Moritz, was ihnen mit dem intelligenten Sendungsfinder „Johnny Movie“ gelingen sollte. Was Alexa und der intelligente Stromzähler konnte, war Johnny Movie für den Fernseher.
„Er erkennt die Stimmung und sucht das dazu passende Programm“, las Cornelia, als sie die Werbung für Johnny im Internet gesehen hatte. Johnny Movie musste ins Haus. Das stand für die beiden fest. Denn wenn Cornelia traurig gestimmt war, hatte sie keine Lust auf Krimis oder diese Actionfilme. Und Moritz wollte ganz sicher keinen Film sehen, der auf die Tränendrüse drückte. Einen Mittelweg gab es immer. Diesen zu finden, versprach Johnny Movie.
Moritz schaltete den Fernseher ein. Das musste noch mit einem Fingerdruck selbst erledigt werden. Zumindest bei Cornelia und Johnny. Denn andere intelligente Geräte hatten sie nicht und auf Standby wollten sie ihre Geräte nicht laufen lassen. Erwartungsvoll saßen Cornelia und Moriz auf dem Sofa, fischten sich ein paar Chips aus der Tüte, bis Johnny Movie die Stimmungslage der beiden erkannt hatte und sich dann durch die mehrere hundert Fernsehangebote suchte. Ein Bild flackerte auf. Ein Planwagen ratterte durch die Landschaft. Frauen in langen Kleidern versuchten das Beste aus dem einfachen Leben zu machen, während sich die Männer vom Goldgräberfieber anstecken ließen. Zufrieden lehnte sich Cornelia zurück und starrte gebannt auf den Bildschirm. Das war genau der Film, den sie jetzt schauen wollte. Doch kurz darauf war ein Schuss zu hören. Nicht Cowboys flimmerten nun über den Bildschirm, sondern ein paar „harte“ Kerle, die gerade einen Transporter überfielen. Drogendealer und Geldwäsche lautete die gefährliche Kombination in dem Actionfilm, der nun auf dem Programm stand. Cornelia fluchte. „Psst“, mahnte Moritz, der von dem plötzlichen Filmwechsel angenehm überrascht war.
Genau das war der Film, den er gerne weiterschauen würde. Er holte sich noch ein paar Chips aus der Tüte. Doch kurz darauf war eine Beerdigung zu sehen. Nur die Trauernden wirkten alles andere als traurig und gleich darauf war klar, dass einer der wenigen Gästen wohl der Mörder war, denn die Kommissare warteten nur darauf, dass die Beerdigung vorbei war. Einen Verdächtigen hatten sie bereits, denn die Polizeibeamten gingen zielstrebig auf den Enkel des Verstorbenen zu. „Schalte um“, forderte Cornelia. „Weder den einen, noch den anderen Film möchte ich jetzt sehen“, nörgelte sie. „Deshalb sucht Johnny ja, was uns beiden gefällt“, antwortete Moritz, der keine Lust hatte, aufzustehen und noch weniger Lust, wieder den Spielfilm in der Goldgräberzeit zu glotzen. Ob der Enkel wirklich der Täter war, erfuhren Cornelia und Moritz nicht. Denn Johnny Movie hatte bereits weitergesucht.
Die Minister der Bundesländer berieten in einer Konferenz. „Weiter“, riefen Cornelia und Moritz unisono. Doch Johnny Movie war schon bei einem anderen Programm. Es schien die Stimmungslage der beiden zu treffen, denn er hielt an. Eine Operettensängerin schrie gerade einen Mann an, der gesanglich in derselben Lautstärke antwortete. „Es reicht“, rief Cornelia und stand auf. Just in dem Moment hatte Johnny Movie wieder etwas gefunden. Der Bildschirm nahm eine gelb-grünliche Färbung an. Cornelia war nun grantig, drückte alle Knöpfe der Fernbedienung, rüttelte an dem Kabel. Doch nichts passierte. Es blieb bei dem Bild mit dem seltsamen Muster. „Schalte Johnny aus“, befahlt Cornelia. „Das geht nicht. Es ist alles programmiert, ich kann das nicht rückgängig machen. Es ist der Film, der unser beider Stimmung widergibt“, antwortete Moritz. Nun erschien auf dem Muster der Filmtitel. „Sendeschluss.“ Kurz darauf brach Cornelia in Lachen aus. „Offensichtlich ist Johnny Movie wirklich intelligent“, sagte sie, zog den Stecker und holte das Schachbrett aus dem Schrank. Diese Partie war spannend, unterhaltsam und für den Verlierer traurig. Alle Programme in einem Zug.