Liebe Leser,
manchmal könnte man meinen, es gibt Leute, die können nicht in Frieden leben oder besser, sie wollen es nicht. Sie müssen provozieren, sticheln oder verunglimpfen andere Menschen. Solche Zeitgenossen, wenn man sie in der Nachbarschaft oder gar in der Familie hat, kann den friedliebendsten und gemütlichsten Menschen in die Tiefe ziehen. Trotzdem muss niemand verzagen, denn es gibt einen Weg, Macht über das Böse zu erlangen. Welcher Weg das ist, zeigt unser Pfarrer Wolfgang Kuntze i.R. hier auf:
Jesus gibt uns Macht über das Böse
Im Drama „Wilhelm Tell“ von Friedrich von Schiller heißt es: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Sicher steht dahinter die Erfahrung, dass es mit dem Frieden eines Menschen aus sein kann, wenn nur einer es will. Mancher wird verleumdet, verachtet, nicht in Ruhe gelassen, benachteiligt oder ausgelacht. Unser Friede ist oft vom Wohlwollen unserer Mitmenschen abhängig.
Nicht selten verbittert ein Mensch und er trägt Groll in seinem Herzen, wenn ihm Böses widerfährt. Könnte es aber nicht auch anders sein? Jesus gab doch seinen Jüngern Macht über das Böse, als er sie zu zweit und mittellos aussandte. Und diese Macht gibt er uns immer noch. Er schenkt uns die Möglichkeit, Macht über das Böse zu haben, froh zu sein und nicht zu verbittern, selbst wenn uns Unrecht geschieht. Jesus hat vor allem durch sein Leiden und Sterben – nämlich
durch seine vollkommene Liebe – den Tod und das Böse überwunden.
In seiner Nachfolge gibt er uns nun Anteil an seinem Sieg, wenn wir für jene beten, die uns böse gesinnt sind, und denen helfen oder Gutes tun, die uns hassen oder verachten. Dann dürfen wir ganz auf ihn vertrauen, dass er für uns eintreten und dem Guten zum Sieg verhelfen wird.
Wir werden nicht verhindern können, dass Menschen Böses tun, weil Gott jedem die Entscheidungsfreiheit zwischen Gut und Böse gegeben hat, aber wir können vermeiden, dass wir uns in die Bosheit hineinziehen lassen. Und allen, die dem Bösen widersagen wollen, können wir durch Jesus helfen, von der Knechtschaft des Bösen befreit zu werden, denn die Liebe des Herrn befreit von der Selbstsucht, aus der alle Übel entspringen, beispielsweise auch die Profitgier, die Zerstörung der Natur, die Ausbeutung von Völkern oder der Verlust der Mitmenschlichkeit.
Wie sehr die Liebe des Herrn die Menschen zum Guten verwandelt, wird auch an der folgenden Erzählung sichtbar:
Ein aussätziges Mädchen in Süd-China wurde eines Tages von den Bewohnern eines kleinen Dorfes aus dem Ort hinausgetrieben. Ein Missionar sah den Menschenauflauf und trat vor die Menge. Die Leute schrien „Aussatz, Aussatz!“ Er nahm das Kind in Schutz und verließ mit ihm den Ort, um es zu anderen Aussätzigen zu bringen.
Unter Tränen fragte das Mädchen seinen Retter: „Warum kümmerst du dich um mich?“ Der Missionar erwiderte: „Weil Gott uns beide erschaffen hat. Deshalb bist du meine Schwester und sollst nicht hungrig und nicht heimatlos sein. Schenk vielen die gleiche Liebe!“
In den drei Jahren bis zu ihrem Tod verband dieses Mädchen den anderen Aussätzigen die Wunden, brachte ihnen zu Essen und half, wo sie gebraucht wurde. Beim Tod des 11-jährigen Mädchens sagten die Aussätzigen: „Unser kleine Engel ist in den Himmel zurückge- kehrt.“ < 1)
So sendet uns der Herr, in seinem Namen für das Reich Gottes zu wirken. Und er gibt uns durch seine Liebe Macht über das Böse und alle Übel in der Welt.
1) nach Willi Hoffsümmer: 255 Kurzgeschichten 1 Nr. 115
Text: Pfarrer Wolfgang Kuntze
Foto: Petra Malbrich
